Investor im Interview: Der ungenutzte Hebel, mit dem wir Deutschlands Wirtschaft ankurbeln

Erste Banken verabschieden sich vom Klimaschutz – und empfehlen Klimaanlagen
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Sebastian Heitmann ist Mitgründer und Partner von Extantia Capital, einem auf grüne Technologien spezialisierten Risikokapitalgeber. Mit Extantia investiert Heitmann gezielt in Start-ups, die nachhaltige Lösungen für Energie und Industrie entwickeln. Seine Expertise macht ihn zu einer bedeutenden Stimme für nachhaltige Investitionen und Innovationen im Kampf gegen die Klimakrise. Privat

„Wir brauchen schneller mehr Strom, als wir Atomkraftwerke bauen können“

FOCUS online: Machen uns auch Solaranlagen und Windkrafträder widerstandsfähiger? In Dunkelflauten wackelt der Strom.

Heitmann: Zunächst sollte sich Deutschland das Ziel setzen, seine Energie vollständig selbst zu erzeugen, aus flexiblen und steuerbaren Energiequellen. Dann kann uns niemand erpressen und wir machen nicht wieder jemanden reich, der uns später mit Krieg droht. 

Dazu brauchen wir aber schneller mehr Energie für Elektroautos und KI, als wir Atomkraftwerke bauen können. Solaranlagen und Windräder können wir schnell aufstellen. Wir haben auch die Technologie, durch Biomasse so viel Strom zu erzeugen, wie wir früher mit Atomkraft erzeugten. Ein US-Unternehmen erzeugt mit Geothermie jetzt 100 Megawatt Strom für 100 Euro. Auch bei Batterien vergünstigen sich die wichtigsten Bauteile mit jedem Jahr enorm. 

Nur mit Erneuerbaren erzeugen wir also schnell genug ausreichend Energie, damit sich Firmen in den Bereichen KI und Daten bei uns ansiedeln. Nachhaltigkeit, Wirtschaftswachstum und Sicherheit gehen zusammen.

„Die Politik sollte fast alle Subventionen streichen“

FOCUS online: Wie bekommen wir diese erneuerbaren Energien an den Markt? Soll die Politik massiv Subventionen ausschütten?

Heitmann: Im Gegenteil: Die Politik sollte fast alle Subventionen streichen. Neue Ideen müssen sich am Markt durchsetzen. Der Wettbewerb ist global. Eine Subvention in Deutschland bringt also wenig. Sie schafft aber Probleme. Hierzulande wurden Biogas-Anlagen gebaut, die nach 20 Jahren, als die Subvention ablief, wieder geschlossen wurden. 

Subventionen machen nur als Anschubfinanzierungen Sinn: Unternehmen müssen eine gewisse Größe erreichen, bevor sie Technologien zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten können. Dabei kann der Staat helfen, indem er den Preisunterschied anfangs ausgleicht. Früh fördern, schnell zurückziehen. 

FOCUS online: Nehmen wir das Beispiel Heizgesetz. Die Ampel hat eine nachhaltige Technologie gefördert, damit die Hersteller Kapazitäten aufbauen. Die Technologie war langfristig besser und günstiger. Das passt zu Ihren Forderungen. Trotzdem scheiterte der Plan. 

Heitmann: Die Wärmepumpe ist die einzig sinnvolle Heiztechnologie. Das Ziel war also richtig. Der Weg aber nicht. Nach dem Hauskauf ist eine grundlegende Sanierung die zweitgrößte Investition im Leben der meisten Menschen. In vielen Häusern ist sie technisch schwierig. Bekommt man sie dann noch vom Staat vorgeschrieben, erzeugt das Unmut. Verbunden mit Subventionen hält Zwang zudem die Preise hoch und verteuert den Wandel. Da lagen die Probleme.

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„Wandel durch Zwang funktioniert nicht“

FOCUS online: Wenn wir Verbote und Subventionen als Werkzeuge weitgehend ausschließen, wie kann der Staat Nachhaltigkeit fördern? 

Heitmann: Wandel durch Zwang funktioniert nicht. Wir brauchen Fortschritt, der sich lohnt. Technologie statt Verzicht. Dann machen alle gerne mit. Dafür brauchen wir eine investitionsfreudige Kultur. Wir brauchen mehr Geld für Innovationen und junge Unternehmen.

FOCUS online: Das hören wir seit Jahrzehnten. Trotzdem haben wir weiter wenig Start-ups und wenig Geld für sie. Wie soll die Politik das ändern?

Heitmann: Es gibt schon Stellschrauben. Europäische Pensionskassen und Versicherer haben beispielsweise viel mehr Geld als institutionelle Investoren in den USA. Sie nutzen es aber schlechter, weil sie nicht in junge Firmen investieren dürfen. Erlaubt ihnen der Gesetzgeber das, haben wir mehr Kapital für Gründer. Dann gründen auch mehr Menschen. 

Gleiches gilt, wenn der Staat Menschen erlaubt, Investitionen in Start-ups von der Steuer abzusetzen, oder die derzeit sehr komplizierten Börsengänge vereinfacht. Auch mehr Bürgschaften für wichtige Pilotprojekte helfen: Mit diesen bürgt der Staat für Kredite an junge Unternehmen ab. Das erleichtert ihnen den Zugang zu mehr Geld. Schließlich kann er auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen und mehr bei Start-ups einkaufen. 

FOCUS online: Helfen die Milliarden für die Bundeswehr?

Heitmann: Grundsätzlich sucht das Militär immer High Tech. Die USA haben viele große Innovationen wie das Internet in ihrer Frühphase durch ihr Militär entwickelt oder für dieses eingekauft. In Israel ist der High-Tech-Sektor mittlerweile der größte Sektor der Industrie und speist sich zum großen Teil aus Talent und Technologie des Militärs. Das kann auch in Deutschland passieren. Die Infrastruktur-Milliarden helfen natürlich auch. Auch damit kauft der Staat bei Firmen ein, statt nur über Subventionen Geld auszuschütten. 

„ETFs nach ESG-Kriterien helfen kaum beim nachhaltigen Anlegen

FOCUS online: Wie können Privatanleger in Nachhaltigkeit investieren? Helfen ETFs nach ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, Anm. der. Red.)?

Heitmann: Wir investieren direkt in junge Start-ups. ETFs nach ESG-Kriterien helfen kaum beim nachhaltigen Anlegen. Solche Fonds verwalten viele Milliarden Euro und können so viel Geld gar nicht in kleine Unternehmen anlegen. Sie setzen auf große Firmen, die ESG-Kriterien erfüllen: Nvidia, Apple und so weiter. Oft gleicht das Portfolio damit schnell dem MSCI World.

Privatanleger erreichen junge Unternehmen eher über Risikokapitalplattformen wie Carbon Equity und Moonfare. Eltifs (European Long-Term Investment Funds) investieren ebenfalls in nicht-börsennotierte Projekte. Viele davon liegen im Bereich nachhaltiger Infrastruktur. Für unerfahrene Anleger eignen sich diese Anlageformen aber eher begrenzt, weil sie auch höhere Risiken bieten. 

FOCUS online: Schafft Deutschland den Wandel zu nachhaltigen Technologien?

Heitmann: Klar. Die Technologien sind da. Die Kosten fallen. Wir müssen ein stabiles Umfeld schaffen, dann kommen die Firmen. Die Frage lautet, ob wir das zuerst schaffen. Momentan sind uns die Chinesen voraus. Sie haben das Ziel verstanden und verfolgen einen Plan. Es wird nicht einfach, das aufzuholen.