Wie in Russland? Warum sich selbst Republikaner vor Trump 2.0 fürchten

Ein Urteil über die USA ist schnell gefällt. Dieser Tage womöglich härter denn je. Differenzierung scheint vielen unangebracht. Vergangene Woche. Landung von Frankfurt in Newark, New Jersey. In der Einreisehalle ist es ist warm und stickig. Lediglich drei der dreißig Kabinen sind mit Einreisebeamten besetzt.

Karl-Theodor zu Guttenberg wurde bekannt als Bundesminister. Heute ist der ehemalige Politiker Unternehmer, Co-Produzent und Moderator von Dokumentarfilmen und anderen publizistischen Formaten. Er veröffentlicht in englisch- und deutschsprachigen Medien. Seit Juni 2023 ist KT zusammen mit Gregor Gysi Host des Podcasts "Gysi gegen Guttenberg".

Willkommen in den USA – aber nur mit Geduld

„Willkommenskultur à l‘ Américaine“, raunt einer hinter mir. Einer von etwa tausend Wartenden. Mehrere Flieger kamen gleichzeitig an.
Rasch weicht die Ankunftsgeschwätzigkeit einer resignatitiven Ruhe. Kopfhörer sind offenbar die Sedidativa der Neuzeit. Neben mir liest jemand Bulgakows „Der Meister und Margarita“.

In meiner Nähe herrscht plötzlich Unruhe. Ein kräftiger Mann beginnt zu wanken. Er ist totenbleich als er umfällt. Wir helfen ihm auf, versorgen ihn mit Wasser und rufen die Sicherheitskräfte. Als er wieder stehen kann, wird er fürsorglich nach vorne zur Passkontrolle begleitet.
Einige deutsche Mitreisende murren.

Nach etwa 120 Minuten Anstehen das erlösende Heranwinken aus der verglasten Kabine. Eine Beamtin lächelt mich an. Wie es mir ginge.
„Entschuldigen Sie bitte die grauenvolle Organisation Ihrer Einreise“, sagt sie mit spanischem Akzent. Die Ansprache habe ich auch schon anders erlebt. Nicht nur auf dieser Seite des Atlantiks.

Sie überprüft meinen Pass. Weshalb ich denn die Greencard wieder abgegeben hätte. (Das amerikanische System vergisst nichts; außer an der Spitze - zynisch inszeniert - die Manieren).
„Mir ist Ihr Land mit der ersten Wahl Trumps zunehmend fremd geworden“, ich beiße mir sogleich auf die Zunge. Ein solcher Satz kann bei der Einreise auch nach hinten losgehen.
Ihr Gesicht versteinert kurz. Dann sagt sie:
„Ich kann Sie verstehen. Hier bekommen es auch einige mit der Angst zu tun. Und keiner wehrt sich.“

„Man wird Amerika nicht wiedererkennen“

Am Folgetag habe ich eine Beiratssitzung in New York. Unter den Teilnehmern zwei prominente Republikaner. Ein ehemaliger Sprecher des Kongresses und ein Senator. Sie geben uns eine Einschätzung von Trump 2.0. Es werde weit radikaler als prognostiziert, man werde Amerika nicht wiedererkennen.

Ihre Ausführungen werden unterbrochen, als am stummen TV-Bildschirm Selenskyj und Trump im Oval Office zu sehen sind.
Nach der denkwürdigen Übertragung sagt der Senator, dies sei nicht mehr Amerika, eigentlich hätte man mittlerweile russische Verhältnisse.

Ich muss wieder an Bulgakows Roman denken. In diesem erscheint der Teufel mit seinem Gefolge in Moskau. Sie richten Chaos an. Doch keiner der Beteiligten stellt sich wirksam der höheren Macht entgegen.

Parallelen? Ja, aber anders. Der Teufel bei Bulgakow ist nicht das klassisch Böse, sondern eine übernatürliche Macht, die Gerechtigkeit auf ihre eigene Art walten lässt. Er bestraft die Gierigen, während er den wahren Liebenden Erlösung gewährt.
Nach dieser Lesart sind einige der widerwärtigen Charaktere unserer Zeit nicht der Teufel, aber er mag sie irgendwann holen.

Bis dahin werden wir weniger die USA als vielleicht die Welt nicht wiedererkennen.

Der frühere Spitzenpolitiker Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich inzwischen einen gelasseneren, aber nicht minder scharfen Blick auf die Dinge angewöhnt. Er lässt uns auf charmante Art an seinen Alltagserlebnissen und Gedanken teilhaben.