In der Migrationspolitik gibt es einen neuen Sound von Alexander Dobrindt

Ein neuer Ton dominiert die Migrationspolitik – laut, unmissverständlich, kompromisslos. "Sagen wir mal, es gibt einen Dobrindt-Sound", konstatiert FOCUS-online-Chefkorrespondent Ulrich Reitz in seiner Video-Kolumne "Reitz-Thema". Seit gut einer Woche gilt ein verschärfter Kurs – und prompt stiegen die Zurückweisungen an der Grenze um 45 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. 

Für Reitz ein Anfang: "Das ist in jedem Fall ein Erfolg, aber noch nicht die große Wende. Aber man muss ja irgendwo mal anfangen." Mit Innenminister Alexander Dobrindt zieht laut dem FOCUS-online-Chefkorrespondenten ein völlig neuer Politikstil ein – "wie ein schwer bewaffneter Sheriff", beschreibt Reitz den Auftritt im Bundestag. 

Der entscheidende Wandel: "Es gibt kein 'Ja, aber' mehr. Es gibt keine gesteuerte Einwanderung mit schlechtem Gewissen mehr." Stattdessen ein "eindeutiges Bekenntnis zum Asylrecht" – allerdings eben nur "für politisch Verfolgte und vulnerable Gruppen wie Kinder, Schwangere und Gebrechliche". Die Regierung arbeitet in Reitz' Augen an einer Rückkehr zur Kontrolle – "einer Rückkehr zu dem, was achtzig Prozent der Bürger wollen".

Deutschland akzeptiert Polens Sonderrolle und hält sich mit Kritik zurück

Kritik an Nachbarstaaten, etwa Polen, bleibt laut dem FOCUS-online-Chefkorrespondenten bewusst verhalten. Polnische Behörden hatten zuletzt die Rücknahme illegal eingereister Afghanen verweigert. Deutschland akzeptiere das nahezu stillschweigend: "Mit Blick auf die Sonderrolle, die Polen spielt, duldet man das", sagt Reitz. Polen sei "der Gatekeeper", der die Ostgrenze abriegele und verhindere, dass Flüchtlinge aus Belarus nach Europa einreisen. 

Mehr aus dem Bereich Meinung

Die Ukraine-Verhandlungen sind gescheitert - und Merz steckt in der Klemme
Freitag, 16.05.2025 | 22:42
Baerbock zeigt bei UN maßlose Selbstüberschätzung und macht Deutschland lächerlich
Freitag, 16.05.2025 | 18:39
100 Milliarden! Vor dieser Regierung müssen die arabischen Clans jetzt zittern
Freitag, 16.05.2025 | 17:09
Schluss mit Handtuch-Mentalität: Im Urlaub erfuhr ich, was Deutschland fehlt
Freitag, 16.05.2025 | 16:47
"Riecht mir zu sehr": Mit einer Antwort rasiert Merz ein mögliches AfD-Verbot
Donnerstag, 15.05.2025 | 18:23
Ideologie aus, Vernunft an: An diesen 4 Punkten muss Merz jetzt Tabula rasa machen
Mittwoch, 14.05.2025 | 07:39
„Endlich mal keine verblasene Akademikerin“: Warum Bas zum neuen SPD-Star wird
Montag, 12.05.2025 | 13:16
Beseitigt den AfD-Spuk nicht! Verbotsverfahren würde Wählern fatales Signal senden
Sonntag, 11.05.2025 | 13:00
"Habt mit der AfD gestimmt": Fleischhauer legt sich mit Grünen an – das hat Folgen
Samstag, 10.05.2025 | 19:20
Plötzlich verschwand sie bei der Merz-Wahl: Fleischhauer erklärt seine Merkel-Theorie
Freitag, 09.05.2025 | 18:37

Meistgelesene Artikel der Woche

Warum Sie nie mehr "Sehr geehrte" in E-Mails schreiben sollten
Donnerstag, 24.04.2025 | 13:40
Neue Bahnstrecke wird zum Milliardenflop, weil Steigung für Züge zu anspruchsvoll ist
Donnerstag, 24.04.2025 | 06:36
Sechs Meter hohe Wellen, Panik an Bord: Aida-Schiff gerät in heftigen Sturm
Dienstag, 22.04.2025 | 18:13
Eltons Finale bei "Wer weiß denn sowas?" – Abschiedsgeschenk ist kurios
Sonntag, 27.04.2025 | 08:16
Schwanger von Massai auf Sansibar – dann geht Franzi durch die Liebes-Hölle
Samstag, 26.04.2025 | 09:04
„Hier funktioniert das“: Rentner hat dank Auswanderung keine Geldsorgen mehr
Donnerstag, 24.04.2025 | 06:08

Zurück zur Personalie Dobrindt: Reitz sieht in Sonja Eichwede, "der verhinderten Justizministerin der SPD", die eigentliche Gegenspielerin des neuen Innenministers. Beispielhaft zitiert er Dobrindts Aussage, man werde Kommunismus, Faschismus und Islamismus "im gleichen Maß bekämpfen". 

Während Linke wie Eichwede Rechtsextremismus isoliert betonten, ignorierten sie Linksextremismus und Islamismus. Diese selektive Wahrnehmung zieht sich für Reitz durch große Teile von SPD, Linken und Grünen: "Was ich außerordentlich bedauerlich finde." Religionskritik dürfe sich zudem nicht nur gegen das Christentum richten. "Wir brauchen auch eine Religionskritik, die sich gegen den Islam richtet und kritisch mit dem Islam auseinandersetzt. Es gibt genug Anlass dazu."

Reitz beklagt "großen blinden Fleck in der Migrationsdebatte"

Ein Vorwurf der Grünen trifft bei Reitz auf völliges Unverständnis: Lamya Kaddor behauptete, Hunderttausende Eingewanderte säßen aufgrund des Paradigmenwechsels in Deutschland mit Blick auf die Migrationspolitik auf gepackten Koffern. 

Reitz nennt das "einen ausgemachten Blödsinn. (...) Ich habe noch keinen getroffen, der sich nicht eine kontrollierte Einwanderung wünscht." Und dann ist da noch das, worüber kaum einer spricht: "Es gibt in der Einwanderungsdebatte einen großen blinden Fleck." Jahr für Jahr verlassen rund 300.000 Menschen Deutschland – junge, gut ausgebildete Akademiker zwischen 25 und 34 Jahren. Das sei ein Besorgnis erregender Trend, über den zu wenig diskutiert werde.

"Die Folge ist: Wir holen viele schwer integrierbare Menschen, die am Ende dem Sozialstaat auf der Kasse liegen. Und auf der anderen Seite verlieren wir rund drei Millionen Menschen in zehn Jahren, die ausgewandert sind, weil sie sagen: 'In Deutschland habe ich keine Zukunft mehr'". Für Reitz ein wachsendes Ungleichgewicht – und "höchste Zeit, diesen blinden Fleck mit Licht zu versorgen".